Leitgestalt
Hildegard von Bingen gehört zu den herausragenden Gestalten
des europäischen Mittelalters.
Die Äbtissin und benediktinische Ordensfrau, Zeitgenossin Friedrich Barbarossas, Eleonore von Aquitaniens, Abaelards und Bernhard de Clairvauxs,
überwand tradierte Wissens- und Rollengrenzen,
um ein zeitloses Lebenswerk zu schaffen.
Als Visionärin mit kirchlicher Lehrerlaubnis schuf sie drei umfassende Visionswerke, eine Natur- und Heilkunde und bahnbrechende geistliche Musik.
Sie führte zwei Klöster, korrespondierte mit geistigen wie weltlichen Herren und einfachen Menschen ihrer Zeit, und unternahm bereits betagt Predigtreisen.
2012 kanonisiert und zur Kirchenlehrerin erhoben,
besitzen ihr Leben und Werk seit neun Jahrhunderten Strahlkraft
über Konfessionen, Kulturen und Kontinente hinweg.
Werk & Weltsicht
Wir verstehen Bingensis Weltsicht als Schau, Weg der Vision und Gotteserfahrung, dem prophetischen Werk des Alten Testaments eher verwandt
als der mittelalterlichen Mystik. Deren Kern bildet myein, (die Augen) schließen.
Bingensis geht es eher um den offenbarenden, vermittelnden Blick auf Geheimnisse
als um mystische Verschmelzung mit dem göttlichen Gegenüber.
Mystik schließt die Augen. Schau öffnet sie.
Bingensis' Werk prägen Schauen und Erkennen, Verstehen und Verkünden.
Sie münden in schaffendes Mitwirken (cooperatio), gute, nützliche Werke und gegründete Bodenhaftung (Humilitas).
Entsprechend prägen Bingensis' Theologie und Weltsicht Bezogenheit und die Beziehung von Gott, Mensch und Schöpfung.