Seit 1990 beschäftigt uns Hildegard von Bingen.
Seit 1998 führen wir zu Leben und Werk.
Seit 2003 tragen wir die Spielgemeinschaft zu Bingensis Leben und Werk.
Das erste Bild hatte ein Frauengesicht.
Seine Augen waren feurig,
seine Nase verschmiert und schmutzig,
sein Mund geschlossen.
Arme und Beine fehlten.
Doch auf jeder Schulter war ein Flügel wie Wespenflügel,
so dass sich der rechte nach Osten,
der linke nach Westen streckte.
Es hatte eine Männerbrust,
Knie und Füße waren die einer Heuschrecke,
so dass Bauch und Rücken fehlten.
Ich sah, dass weder Haare noch Kleidung
seinen Kopf und übrigen Körper bedeckten,
war es nicht sogar ganz in Finsternis gebunden,
außer, dass sich ein sehr dünner Faden
wie ein goldener Ring an der Oberfläche
am Wirbel unter seinem Kinn zu beiden Seiten zog.
Es sprach:
SUPERBIA - Stolz
Ich schreie über die Berge. Wer gleicht mir?
Meinen Mantel breite ich über Hügel und Lande,
will nicht, das jemand gegen mich ankämpft.
Ich kenne keinen, der mir gleicht.
Und ich hörte eine Stimme aus der Sturmwolke,
die sich von Süden nach Westen erstreckte,
diesem Bilde antworten:
HUMILITAS - Erdgebundne Bodenständigkeit (Demut)
Bin Säule von Wolken.
Sollte warum nicht ertragen,
wenn man mich mit schrecklichem Unrecht
erschüttern will?
Stieg doch der Schöpfer selbst vom Himmel herab,
den Menschen an sich zu ziehen?
Wohnte mit dem Schöpfer auf höchsten Höhen,
stieg mit ihm zur Erde hinab.
Wohne so in allen Ländern der Erde.
Kann so auch keine falschen Worte sprechen,
wie würde ich sagen,
'Bin dies und jenes', bin ich es nicht.
Sagte ich dies, wäre ich nicht die Sonne,
die Finsternis erhellen kann.
Denn mit Gott durchbreche ich alle Dunkelheiten.
So kann auch kein Sturm mich erschüttern,
denn bin mit Gott auch im vollen Maß seiner Güte.
Hildegard von Bingen - LVM III
Und ich sah, wie sich der Mann nach Norden wandte,
so dass er Norden und Osten sah.
Unter dem Himmelsgewölbe
dienten Winde, Luft, Grünkraft der Erde,
in denen der Mann
von seinen Hüften bis zu seinen Knien stand,
dem Mann von den Hüften zu den Knien wie ein Gewand.
Feuer und Leuchten der Luft schmückten dieses Kleid.
Von seinen Lenden gingen Elementarkräfte aus und
kehrten wieder, atmete der Mann aus und ein.
Und aus den Elementen der Welt hörte ich
zum Mann eine laute Stimme sagen:
"Wir können nicht laufen, unsere Bahn vollenden,
wie uns von unserem Meister bestimmt.
Mit ihrem schiefen Werk zerstören uns die Menschen
wie ein Mahlwerk.
So stinken wir wie Pest,
hungern völlig nach Gerechtigkeit."
Ihnen antwortete der Mann:
"Wie mit Besen reinige ich euch mit meiner Absicht,
peinige die Menschen solange,
bis sie von überall zurückkehren zu mir.
Bereite in dieser Zeit viele Herzen nach meinem Herzen.
Reinige euch, so sehr ihr verdreckt seid,
in der Pein derer, die euch verdrecken.
Wer kann mich mindern?
Winde sind rauh geworden vom Gestank.
Luft erbricht Schmutz,
wenn Menschen ihren Mund nicht öffnen,
das richtig zu stellen.
Grünkraft verdorrt
durch verdrehter Massen unrechten Aberglauben,
nach ihren Wünschen jedes Ding zu richten,
zu sagen:
"Wer ist dieser Herr, den wir niemals sehen?"
Antworte ihnen:
"Seht ihr mich denn nicht bei Tag und Nacht?
Seht ihr mich denn nicht, wenn ihr sät,
Regen die Saat tränkt, so dass alles wächst?
Die ganze Schöpfung strebt zu ihrem Schöpfer.
Da Einer sie gemacht hat, versteht er sie vollkommen.
Der Mensch aber ist Aufwiegler,
teilt seinen Schöpfer in mehrere Geschöpfe.
Wer schuf in Weisheit Kreisläufe und Schriften?
Sucht in ihnen, wer euch schuf.
Solange die Schöpfung ihr Amt für Eure Bedürfnisse erfüllt
habt ihr nicht volle Freude.
Ist Schöpfung aber in Dürre vergangen,
finden Erwählte im Leben aller Freuden höchste Freude."
Hildegard von Bingen - LVM III
Alle Geschöpfe hat Gott gemacht
und gestattete dem Menschen,
seine Werke zu wirken.
Denn Menschen wirken, gestalten, ordnen an.
Sie wirken auf die Schöpfung.
Nach Belieben formen sie ihr andere Dinge nach.
Können denen dennoch keinen Geist geben.
Denen sie vorstehen, geben sie Anordnung.
Da Gott den Menschen geschaffen,
ihn zum Leben erweckte mit seines Geistes Hauch,
stammen alle Völker von Adam,
sind Gottes Werke, folgen sie seinem Willen,
suchen sie Gott als Betende vor demselben Herrn,
rufen sie seinen Namen, hören sie ihn.
Können denn so nicht von ihm weichen,
wie der Sohn nicht leugnen kann,
wen er zum Vater hat.
So verherrlichen sie Gottes Namen,
rufen sie Gott, rufen sie ihn an als Gott.
Hildegard von Bingen - LVM II
Und sieh, vor dem Mann stand ein Löwe,
wendete sich gegen diese Schwächen,
stieß lautes, machtvolles Brüllen aus,
und rief:
„Teuflische Fehler - Reiße euch mit Loderbrand.
Bringe euch zur Strecke, noch im selben Kampf.
Stets strebt ihr, zurück zu kämpfen
- gegen Gottes Gerechtigkeit wie gegen mich."
Hildegard von Bingen - LVM II
Das achte Bild ähnelte einem Turm
mit einem Dach auf seiner Spitze.
Darin waren drei Fenster.
Darunter erschienen zwei Menschenarme.
Deren Hände streckten sich über das Dach.
Schatten bedeckten die Arme wie Ärmel.
Ihre Hände waren nackt, doch feurig.
Es sprach:
PERDITIO ANIMARUM - Seelenverderben
Was ist verdient, was ist mein Lohn?
- Feuer.
Nichts anderes wollen ich und der Stoff,
aus dem ich hervorging.
Fliehe alles Leuchten.
Verwehre, allem leuchtenden Werk zu folgen.
Will nicht der Strahlenden vollkommenen Schmuck.
Raube denn Seelen. Das ist mein Werk.
So will der es, aus dem ich entstand.
Ich bin der Fluch, den er getan.
Wieder hörte ich aus besagter Wolke
eine Stimme diesem Bilde antworten.
SALVATIO ANIMARUM - Seelenrettung
Bist Verwirrers Pfeil.
Fliegst durch den Hinterhalt bei Nacht.
Verletztst Selige unter Folter,
wollen sie, was du nicht willst,
wirken sie, wovor du zurückschreckst.
Willst sie dort verderben. Aber vermagst es nicht.
Denn unter Glaubensbanner
erheben Selige sich mit Engelsscharen,
laufen mit Macht gegen dich an.
Dürsten so, dich zu besiegen,
wie den Hirschen dürstet,
Quellwasser zu trinken.
Denn in Taufe und Heiligen Geistes Sieben Gaben,
erschienen in des Erlösers Menschlichkeit,
ziehen sie dich wie eine Wasserflut hinab.
Gegen Gott zu sein - dein Untergang.
Bin aber Bau alles Guten.
Festung Jerusalem in Heiliger Werke.
Fange Reumütige auf durch Abrahams Widder.
In Dornen verfangen, deutete er auf Christus.
Halte Einfache im Taufvertrauen sicher,
Unschuldige durch Salbung mit Heiligem Geist.
Denn strahlende Lauterkeit,
wie eine Lilie in Christi Leib erblüht,
brachte mich zurück auf den Weg des Heils.
Bin so Gottes Gefolgsmann.
Hildegard von Bingen - LVM II
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