LVM I/7 INEPTA LAETITIA - GEMITUS AD DEUM

Das siebte Bild hatte von den Lenden aufwärts
Menschenform.

Doch waren seine Hände wie Affenhände.

Von den Lenden abwärts ähnelte es einer Ziege.

Seine Füße waren so verankert in den Schatten,

dass ich sie nicht vollständig sehen konnte.

Es trug keine Kleider, stand völlig nackt da.

Es sprach.

 

INEPTA LAETITIA – Leerer Spaß

Finde süßes Leben, schönen Weg in mir.

Was soll ich mich enthalten?

Das Leben, in das ich geboren, gab mir Gott.

Was spricht dagegen, liegt Spass in meinem Leib?

Kupfer scheint erst hart und schwarz,
doch blitzt später auf wie Gold.

So ist Schmutz an meinem Leib entschuldbar.

Viele sind blind für dieses Leben.
Wissen nicht, was sie darin tun.

Diese Art von Leben kenne ich.
Will meinen Teil daran.

Wieder hörte ich aus der Sturmwolke
eine Stimme diesem Bilde Antwort geben:

 

GEMITUS AD DEUM – Sehnsucht nach Gott

Entblößung, wirst du nicht schamrot,
taubes, stummes Leben für das zu halten,
in dem nicht finstere Nacht herrscht?

Dein Verhalten überschreitet
j
edes Recht und jede Wahrheit.

Lebst kein Leben mit Vernunft.

Weiß: Leben in der Welt verdorrt wie Heu.
Ersehne darum jenes, das nie abnimmt.

Ziehe allen Himmelseinklang an mich,
alle Engelsfreuden,
alle Geistesfreuden.
Kann nicht satt werden daran.

Gemeinschaft habe ich mit jenen.
Will um nichts von ihnen weichen.

...

ZELUS DEI Gottes Eingreifen - LVM I

Und ich sah,
besagter Mann hatte an seinem Hals mit dem Griff
ein sehr scharfes, gezogenes Schwert eingesetzt.

Zum Schlagen wirbelte es nach hier und dort.


Das Schwert sprach:

„Bin voller Eifer gegen den Schatten im Norden
und die Gestalten, die darin wohnen.

Wer kann mich überwinden, mich zu zerschlagen?

Niemand.

Nichts von Bindung ist an mir.
Kein Mann rief mich aus dem Weib hervor.

Entscheide vielmehr alle Werke auf alle Art.

Denn Gott formte den Menschen aus Lehm,
fasste alle seine Werke zusammen in ihm.

Betrachte ihn so wie einen Spiegel.

 

Hildegard von Bingen - LVM I