Und ich sah, wie sich der Mann nach Norden wandte,
so dass er Norden und Osten sah.
Unter dem Himmelsgewölbe
dienten Winde, Luft, Grünkraft der Erde,
in denen der Mann
von seinen Hüften bis zu seinen Knien stand,
dem Mann wie ein Gewand von den Hüften zu den Knien.
Feuer und Leuchten der Luft schmückten dieses Kleid.
Von seinen Lenden gingen Elementarkräfte aus und
kehrten wieder, atmete der Mann aus und ein.
Und aus den Elementen der Welt hörte ich
zum Mann eine laute Stimme sagen:
"Wir können nicht laufen, unsere Bahn vollenden,
wie uns von unserem Meister bestimmt.
In ihrem schiefen Werk zerstören Menschen uns
wie ein Mahlwerk.
So stinken wir wie Pest,
hungern völlig nach Gerechtigkeit."
Ihnen antwortete der Mann:
"Mit meiner Absicht reinige ich euch eie mit Besen,
peinige die Menschen solange,
bis sie von überall zurückkehren zu mir.
Bereite in dieser Zeit viele Herzen nach meinem Herzen.
Reinige euch in der Pein derer, die euch verdrecken,
so sehr ihr verdreckt seid.
Wer kann mich mindern?
Winde sind rauh geworden vom Gestank.
Luft erbricht Schmutz,
da Menschen ihren Mund nicht öffnen,
das richtig zu stellen.
Grünkraft verdorrt
durch verdrehter Massen unrechten Aberglauben,
nach ihren Wünschen jedes Ding zu richten,
zu sagen:
"Wer ist dieser Herr, den wir niemals sehen?"
Ihnen antworte ich:
"Seht ihr mich denn nicht bei Tag und Nacht?
Seht ihr mich denn nicht, wenn ihr sät,
Regen die Saat tränkt, so dass alles wächst?
Die ganze Schöpfung strebt zu ihrem Schöpfer.
Da Einer sie gemacht hat, versteht er sie vollkommen.
Aber der Mensch ist Aufwiegler,
teilt seinen Schöpfer in mehrere Geschöpfe.
Wer schuf in Weisheit Kreisläufe und Schriften?
Sucht in ihnen, wer euch schuf.
Solange Schöpfung ihr Amt erfüllt
um eurer Bedürfnisse willen,
habt ihr nicht volle Freude.
Ist Schöpfung aber in Dürre vergangen,
erfahren Erwählte höchste Freude im Leben aller Freuden."
Hildegard von Bingen - LVM III