Seit 1990 beschäftigt uns Hildegard von Bingen.
Seit 1998 führen wir zu Leben und Werk.
Seit 2003 tragen wir die Spielgemeinschaft zu Bingensis Leben und Werk.
Aufglanz der Ewigkeit und fortwährenden Glücks nehmen jene an,
die gerecht durch heilige Werke,
im Vertrauen auf die heilige Dreifaltigkeit
jenes Rad bedienten, das Ezechiel sah.
Darin wird Gott sie sehen und sie sehen Gott.
So werden sie in Fröhlichkeit und Freude,
frei aller zerbrechlichen Leibes Last,
gehoben in Höhe und Weite blitzenden Glücks.
Funken sprühend in ihren heiligen Werken,
ohne Gefühl von Körperschwere,
werden sie dort weit in Heiligkeit,
ohne Last irgendeines Widerstands.
Hildegard von Bingen - LVM III
Auf des Mannes rechter Seite
sah ich ein Bild stehen wie von Menschengestalt.
Es hatte ein Feuergesicht, trug ein Stahlgewand,
brüllte gegen die Fehler an und schrie:
"Verwirrers Gefäße, Einfluss seiner Übel,
die er der Menschheit in seinen Todeskünsten eingibt.
Vernichtet werdet ihr in Christi Blut.
Geht unter im Alpha und im Omega.
Ihr seid schlimmster Tod."
Hildegard von Bingen - LVM III
Das siebte Bild hatte Frauengestalt,
lag auf seiner rechten Seite.
Hatte seine Beine so an sich gezogen,
wie der Mensch müßig auf seinem Lager liegt.
Seine Haare waren wie Feuerflammen.
Seine Augen weiß wie Kreide.
Es hatte bleiches Schuhwerk an den Füßen,
dass es weder aufstehen noch stehen konnte.
Sein Mund stieß Dunst und giftigen Schaum hervor.
Seine linke Brust säugte etwas wie ein Hundewelpen,
seine rechte etwas wie eine Viper.
Mit Händen riss es sich Blüten von Bäumen und Kräutern,
saugte ihren Duft mit seiner Nase auf.
Es hatte sonst keine Gewänder an,
sondern war von Feuer ganz umgeben.
Wie Heu vertrocknete sein Brand alles, was es umgab.
Es sprach:
LUXURIA - Ausschweifung
Hülle Gottes Abbilds Gestalt ein in Unflat.
Gott ist das sehr lästig. So verderbe ich alle.
Denn ruhmreich, hoch bin ich.
Ziehe nach meiner Natur, mir eingegeben, mir angeboren, alles Erlaubte an mich.
Was soll ich mich zurückhalten,
Ruf nach Wohlleben und Wankelmut in mir beschneiden?
Ist denn strafbar,
komme nach ich meiner Veranlagung Teil?
Erfülle ich nicht, was meines Leibes Lust mir abverlangt,
bin ich zornig, schmerzvoll, trugvoll, marternd,
von Unruhe erfüllt.
Soll doch der Himmel sein Recht,
dafür die Erde ihre Notdurft haben.
Ist Gott Leibesnatur lästig,
er selbst hätte Vorsorge treffen können,
dass Leib sie nicht verrichten kann.
Wieder hörte ich eine Stimme aus der Sturmwolke
diesem Bild antworten wie aus königlichem Kronschmuck:
CASTITAS - Lauterkeit
Bin nicht müßig,
so wie du Unflat stets mit Sinnesreizen spielst.
Liege nicht in jenem Bett,
auf dem du liegst, dir Schande rufst.
Kein Giftwort kommt aus meinem Mund,
schlüpfrige Scheußlichkeit zu lehren.
Sondern schöpfe Trank süßesten Taues
im Gefäß des Segens.
Alle meine Werke liegen in Abkühlung bei Gott.
Sitze in der Sonne.
Betrachte der Könige König.
Wirke alle guten Werke gern.
Will nicht Skorpions Stachel,
der dich mit Unreinheit verletzt.
Sondern im Einklang frohen Lebens
entsteht meine Freude aus Ehrlichkeit und Takt .
Denn meine Lebensfreude
fesselt mich nicht in lasterhafter Abscheu.
Verwundet mich nicht mit schamlosen Schmutz.
Du aber, Drecksstück,
bist Schlangenmagens gefräßige Gier,
aus Einflüsterung erwachsen in Adam und Eva,
als ihnen Achtsamkeit entschwand.
Entstand aber in Vaters höchstem Wort.
So stürzen Himmel und Erde über dir zusammen,
sehen sie dich in deiner Verwirrung nackt.
Hildegard von Bingen - LVM III
Das sechste Bild aber sah ich in Frauengestalt.
Ihren Kopf bedeckte ein schattenhafter Frauenschleier.
Ihren übrigen Körper kleidete schattenartiges Gewand.
Vor ihrem Gesicht erschien ein Berg aus Schwefelbrand.
Zu ihrer rechten und linken Seite ähnliche Schwefelberge.
Sie zerrannen in die Finsternis,
verbreiteten großes Getöse dabei.
Wie hinter ihrem Rücken,
erzeugte etwas hinter ihr sehr großes Donnern.
Von alldem war sie ganz verschreckt,
presste unter großen Seufzen und Zittern
ihre Hände an die Brust,
drängte sich ganz in die Schatten und sprach:
DESPERATIO - Verzweiflung/Hoffnungslosigkeit
Bin so entsetzt. Wer kann mich trösten?
Wer mich unterstützen,
den Sorgen entreißen, die mich drücken?
Höllenfeuer umringt mich.
Gottes Eifer stürzt mich in den Höllengrund.
Was bleibt mir, außer Tod?
Keine Freude habe ich am Guten, keinen Trost in Fehlern.
Noch ist irgendetwas Gutes in irgendeiner Kreatur.
Wieder hörte ich, wie eine Stimme aus der Sturmwolke
diesem Bilde Antwort gab:
SPES - Hoffnung
Bist dem Verwirrer Zündstoff,
der Verfehlung Zunder.
Weißt weder noch bedenkst,
was an Gutem ist in Gott.
Suchst du Gutes,
kann dir darin niemand nützen außer Gott.
Suchst du Übel,
verurteilt dich darin niemand außer Gott.
Denn Gott schuf Himmel und Erde, allen Nutzen,
band die Hölle durch sein Wort.
Gibt selbst allen guten Lohn.
Von ihm geht alles Bösen Urteil aus.
Was nimmst du dir Verderben ohne Urteil vor?
Böswillige wollen nicht Gottes Geist.
Vertraust nicht auf ihn.
Alle Geschöpfe folgen Gottes Geheiß.
Doch leitete der sie fehl.
Wurde dafür in die Tiefe geworfen.
Vermag nichts, außer mit Höllenmacht.
Drum nimmt sich niemand, will er Gutes vollbringen,
Verdammnis vor.
Denn Gott ist höchstes Gut,
lässt niemands gute Werke leer und unbelohnt.
Sitze denn auf Gottes Thron mit guter Absicht.
Umarme voll Vertrauen all seine Werke.
Ziehe die ganze Erde an mich,
gute Werke zu vollenden.
Sterbliche, höllische Lässigkeit,
das machst du nicht.
Vertraust denn Gottes Gütern nicht.
Was nützt Dir das?
Stellst dir manchmal hohes Strafmaß vor,
das du nicht sehen wirst.
Vergeudest in kindischer Dummheit so dein Leben.
Hildegard von Bingen - LVM III
Das fünfte Bild hatte bis auf den Kopf Menschengestalt.
War von den Knien zu den Sohlen in Finsternis gebunden.
An seinem Kopf zeigte sich weiter keine Form,
außer dass es überall voll tiefschwarzer Augen war.
Wie auf seiner Stirn war darunter ein Auge,
flackerte manchmal wie Feuerbrand.
Seine rechte Hand hatte es auf seine Brust gelegt,
hielt in seiner Linken tatsächlich einen Heroldsstab,
hatte einen Mantel von schwarzer Farbe umgeworfen.
Sprach:
INFIDELITAS - Unglaube/ Misstrauen
Kein Leben kenne ich als jenes,
das ich sehe und berühre,
das ich anfassen und tätscheln kann.
Welchen Lohn bringt mir Leben im Zweifel?
Dazu sage ich: Entweder ist es, oder nicht.
So finde ich nichts, zu suchen oder zu fordern,
zu sehen, zu hören oder zu wissen.
Sehe ich ab und zu Nutzen in der Schöpfung Angesicht,
was hindert mich?
Gehe aber nicht auf Wegen
oder durchflattere irgendein Wissen,
kenne ich mich nicht gut aus darin.
Denn über Windes Flügel will ich fliegen,
werde ich auf der Erde aufgerieben.
Befrage ich Sonne und Mond, was zu tun,
antworten sie mir gleich.
Höre ich einen Ton, weiß ich nicht,
ob er mir nützt oder schadet.
Höre auch viele Gerüchte, viele Gespräche, viele Lehren.
Kenne sie nicht.
So will ich tun, was immer mir besten Vorteil bringt.
Wieder hörte ich aus der Sturmwolke
eine Stimme diesem Bilde Antwort geben.
FIDES - Glaube/ Vertrauen
Schlimmster Part, Verwirrers Täuschung,
Verneinst in deiner Brust alles, was recht.
Zeigst so auf dein Herz.
Denn deiner Gedanken Absicht
zielt auf den Widersacher.
Zu deiner Rechten steht er.
Darum sind deine Augen auch so dunkel.
Kannst der Erlösung Pfad nicht sehen,
der zum Himmel steigt.
Nacht, dich zerdrückt er,
wie Rechtes her fällt über Linkes.
Ruhmreich in seinem Steigen,
unterwirft gerechter Weg auch dich.
Denn schlechtes Gewissen heißt
guten Gewissens Magd.
Mag eine Magd nicht dienen,
erfüllt die Herrin nicht ihrer Magd Pflicht?
Hat daher ruhmreichen Namen. Und heißt Herrin.
Gehst verdammt daher.
Verschlimmerst gegen dich den Richterspruch.
Fliehst alles, was im Glauben leuchtet.
Dein schlaues Reden wirft Menschen,
die du täuschst, stets Frevel entgegen.
Nicht wandeln willst du der Gottesgebote Weg.
Gemeinsam mit den Engeln aber
lobe ich voll Vertrauen Gott.
Will alles, was von Gott kommt.
Schreibe all seinen Ratschluss mit den Cherubim.
Wie Gott ihn sieht, verkündet er.
Beurteile aber auch alles durch Propheten,
Weise und Schrift.
In Gottes Gerechtigkeit strahlen
alle Weltreiche auf mich zurück.
Bin Spiegel in Gott,
blitze denn in allen Gottesgesetzen auf.
Hildegard von Bingen - LVM III
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